Vor rund 500 Gästen wurden in der ehemaligen NZZ-Druckerei die besten 100 Jungunternehmen gekürt. Auch zwei Schlieremer kommen dabei in die Kränze.
Präzise schwebte der Luftballon beim Empfang über die Köpfe der Gäste, die verwundert an die Decke schauten. Bereits beim Eingang wurde also klar, dass es hier um Innovation geht. Gestern fand nämlich in der ehemaligen NZZ-Druckerei in Schlieren die sechste Verleihung des Startup-Awards statt. Erstmals in Schlieren ehrte das Institut für Jungunternehmen (IFJ) die besten 100 Startups der Schweiz. Rund 500 Gäste pilgerten für den Anlass an die Zürcherstrasse. Das frische Ranking hält gute Nachrichten für den Standort Schlieren bereit. Mit Contovista und Topadur gehören gleich zwei Unternehmen, die ihren Sitz in der Stadt haben, zu den erfolgversprechendsten der Schweiz
Platz 47: Contovista steigt um 26 Plätze auf
Bereits zum zweiten Mal nach 2015 gehört das Schlieremer Fintec-Unternehmen Contovista zu den 100 Erfolgreichsten. Das Startup beschäftigt aktuell 18 Mitarbeiter und entwickelt unter anderem Systeme, die den Finanzhaushalt von Bankkunden organisieren. Für Mitgründer Gian Reto à Porta ergeben sich durch die gute Platzierung einige Vorteile: «Die Rekrutierung von Personal wird vereinfacht, da sich interessierte und qualifizierte Personen gleich bei uns melden.» Mit dem 47. Rang verbessert sich das Jungunternehmen um 26 Plätze. (aru)
Platz 58: Neueinstieg des Schlieremer Medikamente-Entwicklers Topadur zeichnete sich seit einiger Zeit ab
Topadur wurde erst im Jahr 2015 gegründet und kann bereits heute auf eine lange Liste von Auszeichnungen zurückblicken. Im Rahmen des Venture Leaders US-Programm war das Jungunternehmen, das Medikamente zur Behandlung von schweren Wundheilungsstörungen entwickelt, eines von 20 Schweizer Startups, das sein Produkt vor verschiedenen Investoren in der Jungungernehmer-Hochburg Boston präsentieren konnte. Hinzu kam finanzielle Unterstützung von zwei weiteren Förderprogrammen. Topadur-CEO Reto Naef ist zufrieden und dennoch überrascht über das Vorpreschen seins Unternehmens in der Liste der Top-100-Startups: «Alleine, dass wir für einen Platz in der Liste vorgeschlagen wurden, erfüllt mich schon mit Stolz», sagt er.
Gegründet wurde das Unternehmen in Basel. Nachdem sich eine enge Zusammenarbeit mit der ETH und dem Universitätsspital Zürich abzeichnete, habe man sich für einen Umzug nach Schlieren entschieden, wo die ehemaligen Laborräume der Molecular Partners an der Grabenstrasse bezogen werden konnten. Aktuell beschäftigt Naef sechs Angestellte in Schlieren, jeweils zwei weitere in Valencia, Lübeck und Indien. Das vorwiegend für die Wundheilung bei Diabetikern entwickelte Medikament stösst auch bei Investoren auf Anklang. Für das kommende Jahr rechnet Naef mit rund 4 Millionen Franken, die Investoren in das Unternehmen fliessen lassen werden. Bis 2020 sollen es gar bis zu 30 Millionen Franken sein. «Dank der Publizität, durch solche Preise, kommen wir in Kontakt mit verschiedenen Investoren», sagt er. Dies sei für ein Jungunternehmen enorm wichtig. (aru)
Wie auch im vergangenen Jahr bietet der Standort Zürich den besten Nährboden für das Gedeihen von Startups. 39 der 100 besten Jungunternehmen dieses Jahres haben ihren Hauptsitz im Kanton. Auf den ersten Platz schafft es jedoch – wie bereits im vergangenen Jahr – das Lausanner Unternehmen L.E.S.S., welches hauchdünne, stromsparende Lichtquellen entwickelt. Das beste Deutschschweizer Jungunternehmen folgt mit den Zürchern von Knip auf Platz drei. Dieses nimmt sich der digitalen Transformation des Versicherungsmarktes an. Auffallend ist, dass zwar viele Zürcher Unternehmen vertreten sind, die Spitzenplätze jedoch welsche Startups unter sich ausmachen. So finden sich unter den Top Ten gleich fünf waadtländer Jungunternehmen.
Um innovative Unternehmen zu finden, müsse man nicht ins Sillicon Valley gehen, wie IFJ-Mitgründer Stefan Steiner bei seiner Begrüssung sagte. «Hier in der Schweiz geschieht enorm viel, was für unsere Wirtschaft überlebenswichtig ist.»
Bewerbung nicht möglich
Jährlich werden in der Schweiz zwischen 11000 und 13000 Unternehmen gegründet. Um aber in die engere Auswahl für den Startup-Award zu kommen, können sich die Unternehmer nicht etwa bewerben. Laut Angaben des IFJ sind nur Unternehmen zur Teilnahme berechtigt, die nicht älter als fünf Jahre sind und von einem der 100 Startup-Experten vorgeschlagen werden. Diese 100 Experten - einer von ihnen ist Mario Jenny, Geschäftsführer des Bio-Technoparks in Schlieren - fungieren auch als Jury.
Die Förderer: Startups eine Plattform geben
Seit dem Jahr 2011 lässt das Institut für Jungunternehmer (IFJ) mit Niederlassungen in St.Gallen, Lausanne und Schlieren ein Ranking der besten Jungunternehmen erstellen. Das IFJ, welches unter anderem Partnerschaften mit der Mobiliar, der Postfinance und der Swisscom unterhält, bietet verschiedene weitere Programme an: Im Rahmen von «Venurelab» etwa werden Startups trainiert, die Initiative «Venture Kick» bringt Jungunternehmen in Kontakt mit Investoren, denen sie ihre Ideen präsentieren können. (aru)
Im Ranking der besten Jungunternehmen des vergangenen Jahres war der Standort Schlieren gleich mit fünf Unternehmen vertreten, absoluter Spitzenreiter war ProteoMedix mit dem 12. Rang. Das Unternehmen, das eine Methode entwickelt, mit der anhand eines Bluttestes Prostatakrebs diagnostiziert werden soll, ist in diesem Jahr nicht etwa weniger erfolgreich als zuvor. Der Grund für das Fernbleiben im Ranking liegt im Alter: das Unternehmen wurde 2010 gegründet und gilt daher nicht mehr als Startup. Diesem Status ebenfalls entwachsen ist der Impfstoffe-Entwickler Malcisbo, der im Vorjahr auf den 47. Rang kam, und das Operations-Technologie-Unternehmen Aeon Scientific, das im Vorjahr Rang 59 belegte.
Noch mehr Events in Druckerei
Aus Limmattaler Sicht sticht der Austragungsort der Preisverleihung ins Auge. Dies sei der erste grössere Event, der in der ehemaligen NZZ-Druckerei stattfindet, wie ein Sprecher der Besitzerin der Liegenschaft, der SPS Prime Site, auf Anfrage bestätigt. Es dürfte aber nicht der letzte sein: Bis der Umbau der Druckerei zu einem Bildungszentrum startet, soll die Lokalität hin und wieder für Anlässe genutzt werden, heisst es weiter.